Der Kauf Hot

Nico Steckelberg   23. Juni 2013  
Der Kauf

Rückentext

Kunstkopfstereophonie – Bitte mit Kopfhörer hören!

Kann man Glück bauen? Besitzen wir das Eigentum oder besitzt das Eigentum uns?
Ausgangspunkt des Hörspiels ist ein unbebauter Ort – eine Brachfläche. DER KAUF lädt dazu ein, sich darauf ein Stadtviertel vorzustellen und skizziert eine mögliche Zukunft der urbanen Leerstelle: In einem Viertel, das dort gebaut werden könnte, wechselt die schönste Wohnung den Besitzer. Zwei Paare Mitte Vierzig werden zu erbitterten Gegenspielern im Kampf um die Immobilie. In der rückwärts erzählten Geschichte erfährt man, wie es dazu kommen konnte.

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
8,0
Atmosphäre 
 
10,0
Sprecher 
 
10,0
Soundtrack 
 
10,0
Aufmachung 
 
7,0
Gesamtwertung 
 
9,0

Ich bin ja jedes Mal wieder begeistert, wie viel Realismus das Medium Hörspiel transportieren kann. Einer der wichtigsten und kreativsten Köpfe für das deutsche Original-Hörspiel ist Paul Plamper, der zusammen mit seinem Team vom Hörspielpark und zwei Handvoll guten Schauspielern immer wieder etwas bislang Ungehörtes auf die Beine stellt.

„Der Kauf“ heißt sein neuestes Projekt. Es fängt ganz harmlos an. Der Hörer ist Zeuge einer Wohnungsbesichtigung. Nach und nach stellt sich jedoch heraus, dass der Verkauf dieser Wohnung offenbar nicht ganz freiwillig war. In Erzählblöcken mit wechselnden Perspektiven wird die Geschichte dieser Tramwohnung rückwärts erzählt. Das hat nicht nur zur Folge, dass wir als Hörer das „bittere Ende vom Lied“ bereits kennen und somit ein Wissen in uns tragen, das die Akteure in diesem Ausschnitt des Hörspiels noch nicht besitzen. Man mag regelmäßig rufen: „Nein, lasst es besser bleiben, das endet nicht gut!“. Der Rückentext lässt vermuten, dass es im Kern um die These „Eigentum besitzt dich, nicht umgekehrt“ geht.

Das ist aus meiner Sicht aber nur die Oberfläche dessen, was dieses Hörspiel ausmacht. Der viel verblüffendere Effekt ist, sich selbst dabei zu beobachten, wie man Partei und Meinung ergreift, je nachdem welchem Gespräch welcher Gruppe mal lauscht. Die Rolle des „Bösen“ oder „Intriganten“ in diesem tiefschürfenden zwischenmenschlichen Konflikt wechselt von Szene zu Szene, und jedes Mal möchte man meinen, nun aber endgültig zur absoluten Wahrheit vorgedrungen zu sein.
Genau das lehrt uns Paul Plamper: Es gibt keine absolute Wahrheit. Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters. Oder in diesem Fall: Im Ohr des Hörers.

Es gibt keine musikalische Untermalung und auch keinen Erzähler in „Der Kauf“. Das Hörspiel ist szenisch geschnitten, alles wirkt wie ein O-Ton-Mitschnitt. Das liegt vermutlich daran, dass alle Szenen unter realistischen Bedingungen aufgenommen wurden (Methode: Kunstkopfstereophonie). Wichtig ist, dieses Hörspiel per Kopfhörer zu hören.

Das Ensemble trägt darüber hinaus den größten Teil zum Realismus bei. Milan Peschel ist wieder einmal grandios! Auch Sandra Hüller, Christin König, Jan Henrik Stahlberg, Margarita Broich und wie sie alle heißen: Jede Rolle ist mit exakt dem richtigen Sprecher besetzt, der den Charakter der Figur zu 100% trifft!

„Der Kauf“ erscheint in dem für den Hörspielpark typischen Corporate Identity-DigiPak-Design. Das Besondere: Es gibt drei verschiedene Versionen. Uns liegt die Kölner Variante vor. Teile des Hörspiels sind jedoch auch in den beiden anderen Varianten ausgewechselt worden durch Beschreibungen der Städte München oder Berlin.

Tolles Hörspiel, das macht wieder Lust auf mehr Hörstoff aus dem Hörspielpark.

© 2002 - 2024 Der Hörspiegel - Lesen, was hörenswert ist. --- IMPRESSUM --- DATENSCHUTZ