Plan D Hot

Nico Steckelberg   03. November 2011  
Plan D

Hörbuch

Autor(en) oder Hrsg.
Erscheinungsjahr
Format
CD
Anzahl Medien
6

Rückentext

Die Wiedervereinigung hat es nie gegeben, Egon Krenz ist seit 22 Jahren an der Macht und die DDR beinahe pleite. Kurz vor wichtigen Wirtschafts-Konsultationen mit der BRD wird Hauptmann Martin Wegener und seinem West-Berliner Kollegen Richard Brendel ein brisanter Fall übertragen: Ein ehemaliger Berater von Egon Krenz wurde umgebracht - allem Anschein nach von der Stasi ...

Ostberlin 2011: Die Wiedervereinigung hat es nie gegeben, Egon Krenz ist seit 22 Jahren an der Macht und die DDR nahezu pleite. Die Hauptstadt: ein maroder Moloch, verpestet und verdreckt von Millionen Ölmotoren des Trabant-Nachfolgers Phobos. Die letzte Chance für den Sozialismus: Wirtschaftsverhandlungen mit der BRD und ihrem Bundeskanzler Oskar Lafontaine. Doch dann wird ein ehemaliger Berater von Krenz ermordet aufgefunden – und alles weist darauf hin, dass die Täter aus den Reihen der Stasi kommen. Als auch noch der SPIEGEL über diesen Fall berichtet, ist klar: Wird die Unschuld der Stasi nicht bewiesen, ist die DDR endgültig erledigt. Im grauen, zerfallenden Ostberlin suchen Martin Wegener von der Volkspolizei und sein westdeutscher Kollege Richard Brendel nach den Mördern – und finden heraus, warum die Entwicklung der DDR so katastrophal verlaufen musste.

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
7,0
Atmosphäre 
 
10,0
Sprecher 
 
10,0
Aufmachung 
 
6,0
Gesamtwertung 
 
8,3

Was wäre, wenn es die Wiedervereinigung nie gegeben hätte? Simon Urban beschreibt in seinem Kiminalroman „Plan D“ ein lebhaftes Bild dieser alternativen Welt. Mit maroder Infrastruktur, grauenmelierten Amtsapparat-Funktionären, Ostblock-Sprachästhetik und dem sehnsuchtsvollen Blick gen Westen. Und mitten in diese schillernde, nach Staub riechende Welt platziert er einen Mordfall, der von einem deutsch-deutschen Ermittlerteam gelöst werden will.

Simon Urbans Sprache ist dabei sehr lebhaft. Er arbeitet gern und viel mit expliziten Worten bis hin zum Ekel. Es entstehen Gerüche in der „geistigen Nase“. Szenen mit sexuellem Hintergrund erscheinen beinahe wie Filmausschnitte aus dem pornografischen Fundus der Videotheken der 1980er Jahre: Unverblümt direkt und in einer detailverliebten Tiefenschärfe, die nichts auslässt. Viele bekannte Namen aus der deutschen Politik tauchen auf – mal auf der Ost- und mal auf der Westseite. Die ausgeübten Funktionen sind jedoch völlig andere als im heutigen Jetzt-Deutschland. Eine schöne Idee, die liebevoll ausgearbeitet und umgesetzt wurde.

Götz Schubert liest das Hörbuch grandios. Er lässt den modernen Osten lebendig werden, hat eine verschmitzte Art in seiner Stimme, die stets eine Spur tiefgründigen Humors unter der spröden Oberfläche hindurch scheinen lässt.

Das reizvolle an „Plan D“ ist somit nicht unbedingt der Kriminalfall (der zwar auch, aber er ist vergleichbar mit anderem Krimi-Stoff), sondern das Setting mit seiner hervorragend getroffenen DDR-Atmosphäre.

Als Bonustrack enthält die CD das „imaginäre“ Ost-Schlager-Stück „Fraglos, die Zeit hasst die Liebe“, interpretiert vom DDR-Schnulzensänger Jan „Schmuso“ Hermann. Dieses Stück wird im Roman sehr häufig erwähnt, und Simon Urban selbst hat es getextet und zusammen mit Jan Pfeuffer komponiert. Schöne Idee, rundet das gute Hörbuch noch mal ab!

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