groundUP Hot

Nico Steckelberg   26. Dezember 2012  
groundUP

Hörspiegel-Meinung

Gesamtwertung 
 
9,0

„Irgendwo zwischen Garagenband und Musikkollektiv“, so wird Snarky Puppy in der Presseinfo sanft umschrieben. Dass eine Garagenband tatsächlich drei Mal hintereinander den Musikpreis des „Dallas Observers“ als bester Jazz-Act gewonnen hat, steht dem nicht entgegen, sondern unterstreicht das Konzept: Image ist nichts, Musik ist alles.

Die Kompositionen des aktuellen Releases „groundUP“ sind bunt. Es sind viele Bläser zu hören, einige Funk-Einlagen und progressive Rock-Einflüsse zu hören.

Und dann – nach nahezu minutenlangen Jazz-Fusion-Bombardements – entsteht wie aus dem Nichts ein höchstmelodischer Part, der sich mit dem typischen Unendlichkeitsgen genre- und zeitungebundener Musik in die Gehirnwindungen bohrt. Großartiger geht es nicht! Beispiele gefällig? Der Mittelteil von „Binky“ ist so ein klassischer Fall, kurz bevor er gänzlich unerwartet als ein grooviger G-Funk-Knaller mit lässigen Blechbläsern endet.

Der Opener „Thing of Gold“ wirkt zunächst wie ein unspektakuläres Jazz-Kompositiönchen, ohne viel Trara, ohne Glamour. Und dann auf einmal holt die Melodie aus und man ist vom ersten Moment an auf akustischer Droge.

Auch „Bent Nails“ hält so manche Überraschung parat. Zunächst denkt man: Hey, technisch ausgefeilte Jazz/Fusion/Funk-Kombi, nicht schlecht, aber kommt da noch was? JA! DA KOMMT NOCH WAS! ZUHÖREN! Und wieder – wie aus dem Nichts – ändert sich die Bassspur, wird enorm groovy und man muss sich einfach bewegen, so schnell und stürmisch drischt das Stück plötzlich voran.

Es gibt Raggae-Einflüsse vermischt mit alter Detektivfilmmusik wie bei „Young Stuff“. Freunden von Carsten Bohn‘s Bandstand kann ich das Stück „Minior“ empfehlen. ,

Snarky Puppy ist ein Beispiel für ungebremste Spielfreude und schier unbändige Kreativität. Die Musiker stammen aus ganz verschiedenen musikalischen Territorien, darunter auch Hip-Hop-Acts wie Snoop Dogg, P Diddy aber auch Justin Timberlake. Das hört man hier und da alles irgendwo heraus, aber nur sehr sanft und unaufdringlich. Im Vordergrund stehen hier Groove, Melodie und Überraschung. Dass die Band obendrein gemeinnützige Arbeit in Cleveland ausübt, ist noch ein sympathischer Sideeffect.

Großartige Formation, tolles Album inkl. zusätzlicher DVD, das vor Live-Publikum aufgezeichnet wurde. Lebendiger geht Jazz nicht.

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