FAUN: 'So fing der Wahnsinn an…'

FAUN: 'So fing der Wahnsinn an…' Hot

Nico Steckelberg   07. August 2011  
FAUN: 'So fing der Wahnsinn an…'

Interview

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Einleitung
FAUN haben mit ihrem neuen Album "EDEN" eine musikalische Reise veröffentlicht. Beginnend im antiken Rom beim lustvollen Fest des Faunes Lupercus, vorbei an bretonischen Tänzen und altenglischen Wiegenliedern, bis hin zu den Mythen zahlreicher Kulturen. Wir befragten FAUN-Frontmann Oliver s.Tyr nach dem künstlerischen Konzept hinter "EDEN", dem Konzept für die anstehende Live-Tournee und dem vordergründigen Konflikt zwischen Pagan Folk und einem religiös-spirituellen Ort.

Das Interview

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Hallo Oliver. Euer neues Faun-Album „Eden“ ist gerade erschienen. Wie fühlt Ihr Euch jetzt, wo Ihr das Ergebnis in den Händen haltet?

Oliver s.Tyr (Faun): Für mich persönlich war gerade der Endspurt im Winters 10 /11 eine sehr, sehr intensive Phase. Das Material zu Eden ist über viele Jahre gereift, manches wurde schon Anfang 2010 aufgenommen und dennoch ist es sehr, sehr arbeitsintensiv so ein Großprojekt letzten Endes fertig zu stellen. Zum einen sind wir sehr froh und stolz über das Ergebnis und freuen uns über das viele positive Feedback. Zum anderen heißt es die Batterien wieder aufladen, den Sommer genießen und seine Musik mit vielen Menschen auf Festivals und Open-Air-Konzerten zu teilen.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Positives Feedback ist ja immer sehr erfreulich. Gab es denn auch Überraschungen bei den Reaktionen von Kritikern und Fans?

Oliver s.Tyr (Faun): Wenn man so lange an einem Projekt arbeitet, kann man dessen Stärken und Schwächen nicht mehr selbst beurteilen, es heißt nur Weitermachen und sein Bestes geben. Da wir aber über viele Jahre die Songs immer wieder verbessert und verfeinert haben, hatten wir den Verdacht, dass etwas sehr Besonderes in der Entstehung war. In 99% der Fällen hat uns nun ein sehr, sehr positives Feedback zu EDEN erreicht und der Konsens ist einstimmig: Die beste CD, die wir je gemacht haben. Von daher fällt es gerade umso leichter gerade den Sommer zu genießen und auf den berühmten Lorbeeren ein wenig zu ruhen.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): „Eden“ ist in der Tat ein sehr starkes Album. Aber nicht nur auf der musikalischen Ebene. „Eden“ unterliegt einem starken künstlerischen Konzept. Musik, Texte, grafisches Konzept: Das alles greift ineinander. Wie schwer war es, das alles unter einen Hut zu bringen?

Oliver s.Tyr (Faun): So fing der Wahnsinn ja an. Aus der Begeisterung für ein Konzept. Dass dies dann immer weitere Kreise zog, konnte keiner von uns erahnen. Ich selbst genieße es sehr, so weit in ein Thema eingestiegen zu sein. Ich habe mit EDEN eine sehr spannende Reise unternommen und bin froh diese Reise bis zu Ende gegangen zu sein.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Am Ende habt Ihr mit unterschiedlichen Grafikkünstlern zusammen gearbeitet. Erzähl‘ doch bitte mal, wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Oliver s.Tyr (Faun): Mittelerweile reisen wir mit FAUN um die ganze Welt. Gerade im Ausland wo es keine mittelalterliche Szene wie in Deutschland gibt, spielen wir dann oft auf Events, die eher im Bereich Fantasy oder Gothic anzusiedeln sind. Brian Froud zum Beispiel, der ja schon viele Millionen Bücher verkauft hat und gerade mit seinen Filmen wie "Der dunkle Kristall" und "Labyrinth" ein riesiges Publikum inspiriert hat, haben wir auf einem Festival in den USA kennengelernt. Er hat in einem Stand gegenüber unserer Bühne Bücher signiert. Später standen wir dann beide vor einem Bierfass im Backstage Bereich und unterhielten uns. Wir waren sehr stolz, als er uns erzählte, dass er unsere Musik schon lange kennt und beim Malen oft die Musik von FAUN hört. Ebenso hängen zwei seiner Bilder in meinem Musikzimmer und haben mit ihrer Stimmung bestimmt den einen oder anderen Song beeinflusst. So war eine Zusammenarbeit naheliegend.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Allerdings! Und dann habt Ihr irgendwann auch einen Titel für das Album gefunden. Der Begriff „Eden“ erzeugt ganz unterschiedliche Assoziationsmöglichkeiten. Was verbindet Ihr damit?

Oliver s.Tyr (Faun): Ich selbst denke an einen paradiesischen Garten, an ein friedvolles Miteinander von Mensch und Natur und viele wohlschmeckende Äpfel.



Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Inwiefern spielen das Genre „Pagan Folk“ und der Garten Eden im religiösen Sinn ineinander? Wo liegt die Schnittmenge?

Oliver s.Tyr (Faun): Viele Menschen leben immer noch mit dem Konzept der Erbsünde. Von Geburt an sind wir schuldig vor Gott. Allen voran sind die Frauen schuld, die ja in der patriarchalischen mittelalterlichen Gesellschaft nicht viel zu lachen hatten. Ich glaube gerade in dieser einfachen Geschichte liegt der Schlüssel für ein sehr großes Ungleichgewicht, welches auch in unseren Tagen noch eine Rolle spielt.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Was war Euch bei der Instrumentierung und beim Sound von „Eden“ wichtig?

Oliver s.Tyr (Faun): Wir wollten wieder rhythmusbetonter werden, als beim sehr ruhigen und balladesken "Buch der Balladen" und gleichzeitig die Elektronik so organisch wie möglich klingen lassen. Wir haben sehr viel experimentiert. Wir haben zum Beispiel mit den Mediaeval Baebes aus England einen 18 stimmigen Chor erklingen lassen oder mit Marimbas und zahlreichen Perkussioninstrumenten versucht den tiefen Wald bei "Hymn to Pan" musikalisch umzusetzen. Letzten Endes war es uns wichtig jedem Lied und dessen Inhalt gerecht zu werden und es in so intensiven Farben wie möglich darzustellen.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Auf dem Album klingt das fantastisch! Aber wie werdet Ihr diesen Sound live umsetzen?

Oliver s.Tyr (Faun): Das wird eine sehr große Aufgabe. Den gesamten Oktober werden wir mit Proben verbringen, da wir im Nov. und Dez. 2011 auf der "EDEN TOUR" EDEN auf die Bühne bringen werden. Wir haben viele Ideen und wissen, dass es sehr spannend und intensiv wird. Wir werden viel mehr Instrumente mit auf Tour nehmen, als es beispielsweise bei den Festivalshows möglich ist. Wir arbeiten bereits an Lichkonzepten und an einem Bühnenbild und auch mit den Gästen "Trobar de Morte" aus Spanien und "In Gowan Ring" aus den USA ergeben sich mit Sicherheit noch spannende Möglichkeiten.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Du sprichst die geplante umfangreiche Konzerttournee schon an. Auf welche besonderen Gigs freut Ihr Euch dabei am meisten?

Oliver s.Tyr (Faun): Momentan stecken wir noch mitten im Sommer und den Open-Air-Konzerten. Unser Open-Air-Jahresabschluss auf dem Festival Mediaval wird sicher wieder ein Highlight, wie auch das riesige Spectaculum in Hamburg. Auch fliegen wir im September wieder für 2 Wochen in die USA und werden als Headliner auf Festivals in Kalifornien und Oregon mit Ziggy Marley, The Orb, Woodland uvm. spielen. Dennoch haben auch die eigenen Clubkonzerte einen großen Reiz und unterscheiden sich stark von den Festivalshows. Man kann mit viel mehr Sorgfalt einen perfekten Sound erarbeiten, die Bühne gründlich dekorieren und mit Dunkelheit und leisen Tönen, viel mehr Dynamik erzeugen. Das heißt die Musik intensiver zum Leben kommen lassen und letzten Endes auch das Publikum weiter in die eigenen Klänge entführen zu können.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Dafür schon jetzt viel Erfolg! Was kommt nach „Eden“? Habt Ihr Euch schon Gedanken zu einem möglichen Folgealbum gemacht?

Oliver s.Tyr (Faun): Es gibt noch ein paar sehr schöne Lieder, die wegen des Konzeptes von EDEN ausgelassen worden sind. Auch wird 2012 unser 10-jähriges Jubiläum sein. Es gibt viele Ideen, dieses ausgiebig zu zelebrieren. Einige davon werden wir sicherlich umsetzen.

Nico Steckelberg (Der Hörspiegel): Ich freue mich schon jetzt darauf. Oliver, vielen Dank für Deine Antworten. Die letzten Worte gehören Dir!

Oliver s.Tyr (Faun):
"Warte, bis du in dich selber blickst -
Ein Blatt in diesem Garten
Bedeutet mehr als alle Blätter,
Die im Paradies du findest! "

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Die Tourdaten:
FAUN EDEN TOUR 2011

4.11. München - Freiheiz ,
5.11. Erfurt - Gewerkschaftshaus ,
6.11. Utrecht (NL) - Tivoli ,
7.11. Bochum - Matrix ,
8.11. Nürnberg - Hirsch ,
9.11. Dresden - Beatpol ,
10.11. Hamburg - Grünspan ,
11.11. Berlin – Lido ,
12.11. Magdeburg – Festung Mark ,
13.11. Celle – CD-Kaserne ,

25.11. Pratteln (CH) - Z 7
26.11. Memmingen - Kaminwerk
1.12. Aschaffenburg – Colossaal °
2.12. Osnabrück - Rosenhof °
3.12. Kaiserslautern – Kammgarn °
4.12. Köln – Live Music Hall °
15.12. Regensburg – Alte Mälzerei °
16.12. Wien (A) – Szene °
17.12. Bad Reichenhall – Magazin °
18.12. Stuttgart – LKA Longhorn °


, = Support: Trobar de Morte (Spain)
° = Support: In Gowan Ring (USA)

Weblink

http://www.faune.de

http://www.myspace.com/paganfolk

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