Der Mieter Hot

Nico Steckelberg   17. Januar 2013  
Der Mieter

Hörbuch

Autor(en) oder Hrsg.
Erscheinungsjahr
Format
CD
Anzahl Medien
4

Rückentext

„Der Mieter“ (verfilmt von Roman Polanski) erzählt die Geschichte eines schüchternen, friedliebenden Menschen, der eine heruntergekommene Wohnung in Paris bezieht. Nicht allein, dass sich seine Vormieterin aus unerklärlichen Gründen aus dem Fenster gestürzt hat, das Haus und insbesondere seine Nachbarn verhalten sich ihm gegenüber immer merkwürdiger und feindseliger. Trotz aller Bemühungen, sich durch eine Art gesellschaftliche Nichtexistenz der Kritik seiner Nachbarn zu entziehen, sieht er sich subtilen und verschwörerischen Bedrohungen ausgesetzt, und stellt mit Entsetzen fest, dass die Persönlichkeit der Vormieterin von ihm Besitz ergreift.
EXTRAS
HÖRPROBE

„Der Mieter“ als .mp3 zum Reinhören (1:04 Min).
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„La Ballade de Simon Choule“ als .mp3 zum Reinhören (1:12 Min).
>>> downloaden (1,5 MB)

Das Hörbuch zu Roland Topors Roman „Der Mieter“, Thriller und psychologisches Meisterwerk zugleich, beendet Jens Wawrczeck mit „La Ballade de Simone Choule“, einem Chanson, das die Pariser Punkband Les Punaises für ihn komponiert und eingespielt hat.

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
7,0
Atmosphäre 
 
10,0
Sprecher 
 
10,0
Aufmachung 
 
8,0
Gesamtwertung 
 
8,8

Uff, Preisfrage: Welcher Kategorie ordnen wir denn dieses Hörbuch zu? Das wird schwer!

Der Roman „Der Mieter“ des französischen Autors Roland Topor ist ein mehr als nur ungewöhnliches literarisches Werk. Es beginnt als interessanter Einblick in das Leben des jungen Mannes Trelkovsky. Seine kluge und forsche Art, den Preis für die neue Wohnung entgegen der klaren Vorstellung des Vermieters (einer Respektsperson sonder gleichen) herunterzuhandeln, ist imposant. Auch seine geschickte Weise, sich aus Konfliktsituationen „herauszureden“, beeindruckt.

Doch dann lädt sich die Stimmung im Mietshaus zunehmend auf. Trelkovsky versucht mehr über seine Vormieterin herauszufinden, die sich durch einen Fenstersprung das Leben nahm. Die Situation wird nun auch für Trelkovsky immer bedrohlicher, oder kommt ihm das nur so vor. Nach und nach scheinen die Nachbarn alles dafür zu tun, ihn in den Wahnsinn zu treiben. Als Trelkovsky sich eines Tages geschminkt im Spiegel betrachtet, wird ihm klar: Die Nachbarn versuchen ihn zu seiner Vormieterin werden zu lassen und wollen ihn – genau wie sie – umbringen um es als Suizid zu vertuschen. Die Metamorphose ist nicht mehr aufzuhalten.

Der Übergang zwischen einem Kriminalroman, Fantastik und einer Horrorgeschichte sind nahezu fließend. Der Hörer erfährt nicht, welche der Interpretationsalternativen die reale ist. Das Ende ist so verwirrend wie offen. Es zeigen sich einige Parallelen zu Kafkas „Die Verwandlung“. Großartig sind zum einen die Zwischenmusiken von Henrik Albrecht, deren musikalisches Musik gleich bleibt, wobei sich jedoch mit zunehmender Entwicklung der Geschichte Störgeräusche und alptraumhafte Disharmonien einmischen. Zum anderen ist Jens Wawrczeck als Interpret der Wahnsinn des Textes wie auf den Leib geschrieben. Wawrczeck zeigt hier einmal mehr, dass er noch so viel mehr kann als Peter Shaw von den „Drei ???“ und Spence von „King of Queens“. Der letzte Track ist der französischsprachige Pop-Chanson „La Ballade de Simone Choule“ (100% auf dem Roman basierend), gesungen von Jens Wawrczeck, komponiert und gespielt von der Band Les Punaises.

„Der Mieter“ ist ein literarischer „Lost Highway“, dessen Zusammenspiel aus Wawrczecks kongenialer Lesung, Albrechts metastasierenden musikalischen Intermezzi und Topors zielgerichteter Genresprengung zum maximalen atmosphärischen Klimax führt.

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