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"Eine bedrohliche, aufwühlende Stille"

Ein Hörspiegel-Interview / © 2006 Der Hörspiegel
(Fotos © Zeraphine)
Nun ist das neue Album von „Zeraphine“ im Handel und im Rahmen der Veröffentlichung stand Sänger Sven Friedrich dem Hörspiegel für einige Fragen zur Verfügung.

Michael Brinkschulte (Hörspiegel): Als ein Mensch, der Eurer Treiben schon seit den Anfängen beobachtet und auch heute noch mit Begeisterung die Songs der Dreadful Shadows Alben hört, ewige Favoriten „funeral procession“ und „mortal hope“, freut es mich sehr die Chance zu bekommen einige Fragen zu Zeraphine und dem neuen Album „Still“ stellen zu können.
Lang ist es her, dass sich die Dreadful Shadows aufgelöst haben, damals auf dem Höhepunkt der Karriere. Wie die Veröffentlichung des nun vierten Albums von Zeraphine zeigt, hält diese Formation länger und steigert sich von Höhepunkt zu Höhepunkt. Oder ist auch bei Zeraphine ein Ende auf dem Zenit vorprogrammiert?

Sven Friedrich.: Ich hoffe, dass wir den Zenith noch nicht erreicht haben *g*. Momentan gibt es für uns keinen Grund, aufzuhören. Im Gegenteil, Zeraphine macht uns allen sehr viel Spaß und wir wollen das schon noch eine Weile erleben.

Das neue Album „Still“ zeigt eine deutliche Weiterentwicklung. Wie kommt eine solche Entwicklung zu Stande? Arbeitet ihr spontan im Studio und probiert aus oder wird auf Veränderungen gezielt hin gearbeitet?

S.F.: Es ist eine Mischung aus beidem. Als die Songs geschrieben waren, hatten wir alle die Vorstellung, dass das Album rauer, etwas dreckiger und vielleicht dadurch auch härter klingen soll. Das hatten wir beim Arrangieren der Songs auf jeden Fall im Hinterkopf. Allerdings haben wir im Studio auch viel ausprobiert und getestet. So haben wir beispielsweise im Studio die Songs als komplette Band arrangiert. Jeder konnte direkt auf den anderen eingehen und so kamen viele neue Ideen zustande und das Album ist so auch irgendwie band-mäßiger geworden. Auch in der Mixphase haben wir viel experimentiert. Wir waren von dem etwas trashigen Sound extrem angetan, weil er den Songs absolut steht und vielleicht auch etwas von unserer Live-Präsenz rüberbringt.

 War „Kalte Sonne“ 2002 auf rein deutsche Texte ausgelegt, sohat sich seit damals die englische Sprache, die bei Dreadful Shadows dominierte, wieder einen Weg in Eure Musik gebahnt. Wie kam es dazu? Besteht eventuell ein Zusammenhang damit, dass mit Englisch mehr Möglichkeiten auch international eröffnet werden?

S.F.: Nein, die Wahl der Sprache hat überhaupt keine geschäftlichen Hintergründe. Zumal ich auch bezweifle, dass man als englischsprachige Band aus Deutschland größere Möglichkeiten hat. Ich benutze beide Sprachen einfach, weil sie sich sehr unterschiedlich handhaben. Man kann im Deutschen Dinge rüberbringen, die das Englische nur bedingt bietet und umgekehrt. Ich mache das wirklich ausschließlich vom Song abhängig.

„Still“ erscheint einerseits rockig und knallig, bietet dagegen auch ruhige getragene Songs. Liegt dem Album ein bestimmtes Konzept zu Grunde?

S.F.: Nein, kann man nicht sagen. Die Songs sind in einem Zeitraum von einem ¾ Jahr entstanden und in solch einer verhältnismäßig langen Zeit gibt es die verschiedensten Gefühlsschwankungen, aus denen man Songs machen kann. Dass die Stücke trotzdem irgendwie zusammen passen, liegt wohl daran, dass ein ¾ nun auch wieder nicht so lang ist, dass sich alles grundlegend ändert *g*.

Betrachtet man die musikalische Ausrichtung des Albums, so stellt man fest, dass sich Zeraphine vom Gothic Rock immer weiter in Richtung Alterantive bewegen. All dies steht dann auch noch im Widerspruch zum Titel des Albums. Wurde der Titel für das bislang rockigste Album von Zeraphine bewusst als Kontrapunkt gesetzt?

S.F.: Ich weiß gar nicht, ob wir uns mehr vom Goth wegbewegen, als vorher. Wir lagen meiner Meinung nach immer irgendwo dazwischen und auf 'Still' haben wir mit 'Toxic Skies' und 'I'll follow you' mal wieder 2 richtige Gothrock Songs dabei. Die Widersprüchlichkeit im Albumtitel sehe ich eher zwischen der ersten Assoziation, die man mit dem Wort 'Still' hat, nämlich eine etwas romantische, angenehme Ruhe und dem 'Still', das wir meinen. Eine bedrohliche, aufwühlende Stille, manchmal eine unangenehme Leere.
 
Wenn ein Album solch intensive Texte hat stellt sich die Frage wodurch die Texte beeinflusst werden. Verarbeitet das Album autobiographische Elemente oder werden Themen aus der Umwelt aufgegriffen?

S.F.: Ich verarbeite in den Texten immer persönliche Erlebnisse. Allerdings erzähl ich die nicht. Vielmehr versuche ich meine Emotionen in Worte verpackt zum Hörer zu transportieren und sie dort wieder abzurufen. Das schafft eine ganz persönliche Ebene zwischen dem Hörer und mir. Dabei werden natürlich oft sehr unterschiedliche Begebenheiten assoziiert, die mit meinen nichts zu tun haben, aber eben den Hörer sehr beschäftigen. Und darauf kommt es mir an. Und die Emotionen sind oft verblüffend ähnlich, auch wenn die Erlebnisse recht unterschiedlich sind.

Bei der Erarbeitung eines Albums stehen in der Regel mehr Texte bzw. Songs zur Verfügung, als schließlich auf dem Werk erscheinen. Wie trefft Ihr die Auswahl und was ist ausschlaggebend dafür, dass ein Song den Weg auf das Album schafft?

S.F.: Das entscheidet sich meistens lange bevor wir ins Studio gehen. Wir haben eine seltsame Arbeitsweise, vielleicht eher untypisch für Bands, denn wir schreiben die Songs nicht im Proberaum, sondern jeder einzelne komponiert. Allein dabei fallen viele Ideen weg, weil man schnell merkt, wenn etwas nicht funktioniert. Danach wird der Song oder der Songteil den anderen vorgestellt und dann entscheidet es sich bereits. Entweder der Song gefällt oder man kann gemeinsam noch Ideen dazu entwickeln oder halt nicht. Im letzteren Fall wird dann nicht weiter dran gearbeitet und man widmet sich lieber den Ideen, auf die ersteres zutrifft.
Dadurch gehen wir immer nur mit genau den Songs ins Studio, die dann auch aufs Album kommen.

Nachdem ich Zeraphine schon einige Male live gesehen habe und die Konzerte in jedem Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, steht für mich und sicherlich viele Fans die Frage im Raum, ob, und wenn, wann eine Tour zum neuen Album ansteht.

S.F.: Wir spielen im Sommer auf zwei kleineren Festivals und gehen dann im November auf Tour. Die wird Termine in Deutschland, Österreich, Schweiz und Spanien umfassen und ca. 3 Wochen dauern. Viel mehr kann ich noch nicht dazu sagen, da sie gerade noch gebucht wird. Sobald die Termine stehen, kann man sie natürlich auf unserer Homepage finden.

So, genug der Fragen. Ich bin auf die Antworten gespannt und freue mich schon auf die hoffentlich bald folgenden Konzerte.

S.F.: Ich bedanke mich für das Interview und hoffe, man sieht sich dann auf der Tour.
 

www.zeraphine.de
 (Michael Brinkschulte, © 2006 Der Hörspiegel )