Die Zahl des Tieres Hot

Nico Steckelberg   29. November 2012  
Die Zahl des Tieres

Rückentext

Ein vergessenes Video-File des toten Hackers Tron erregt die Aufmerksamkeit des Berliner Studenten Georg Brand: Offensichtlich von einer Überwachungskamera aus wird über Stunden und Tage ein Autobahnabschnitt abgefilmt – doch warum? In Georg steigt ein Verdacht auf, welche düstere Matrix da sichtbar werden könnte. Und ehe er sich versieht gibt es kein Zurück mehr für ihn bei diesem Schritt durch den „Spiegel der Realität“. Doch die Welt, die er jetzt betritt, wird nicht umsonst als die grausamste aller Welten bezeichnet…

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
9,0
Atmosphäre 
 
8,0
Sprecher 
 
9,0
Soundtrack 
 
10,0
Aufmachung 
 
7,0
Gesamtwertung 
 
8,6

-- Vorsicht! Spoiler-Gefahr! --

„Die Zahl des Tieres“, so lautet der Titel der aktuellen Folge von Offenbarung 23, der Hörspielreihe um große Verschwörungstheorien. Hört man den Titel, so assoziiert man als unbedarfter Hörer zunächst intuitiv das Thema „Satanismus“. Das kommt zwar auch in der Story vor, jedoch ist das Kernthema ein anderes.

Eingeleitet von einer fantastischen Alice im Wunderland-Szene entwickelt sich ein Fall um die Geheimnisse hinter dem Kindermörder Marc Dutroux. War er tatsächlich ein Einzeltäter, oder war er Zwischenhändler für Kunden mit einer abartigen Neigung, massenweise Kinder zu missbrauchen?

Autor Jan Gaspard stellt eine schwerwiegende These auf. Sexuell gelangweilte Herren aus höheren Kreisen fangen Kinder und jagen sie wie Wild durch Parklandschaften. Und Dutroux habe diese Herrschaften mit Kindern beliefert. Hintergrund sei hierbei die Stasi, die ein ureigenes Interesse daran gehabt habe, die Straftäter aus einflussreichen Kreisen mit unliebsamen Informationen unter Druck setzen zu können. Interessant und gleichzeitig beängstigend ist dabei Gaspards Argumentationskette. Er verweist beispielsweise auf einen Bericht des ZDF, demzufolge 27 Zeugen des Falls unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen sind, bevor sie eine Aussage machen konnten, darunter auch ein erster Staatsanwalt. Die Akte – so Gaspard – sei seit dem ZDF-Bericht nie wieder in den Medien erwähnt worden und läge nun beim CIA, um dort die belastenden Unterlagen auszuwerten und ein Druckmittel gegen leitende EU-Politiker zu haben. Gaspard bindet diese Therorie in seine Story um den Hacker T-Rex ein. T-Rex erinnert sich daran, selbst als Kind in Belgien von Hunden gejagt worden zu sein. Ob dies nun ein cleveres Storyelement ist, sei einmal dahin gestellt. Die Theorie hinter der Story ist jedenfalls eine der beunruhigendsten bislang. Die symbol-, zahlenmystik- und metaphernschwangeren Dialogszenen beginnen mich jedoch zu langweilen. Sie lassen die sehr gewissenhaft recherchierte Theorie wie Hokuspokus erscheinen, und das betrachte ich als eine Schwächung der Atmosphäre.

Alexander Turrek ist in seiner Rolle als T-Rex nun vollständig angekommen. Ich kann es kaum glauben, dass Sebastian Pobot als Regisseur ein solcher Glücksgriff gelungen ist! Großartig! Auch die anderen Sprecher wissen zu gefallen. Marie Bierstedt und Till Hagen sind in ihren Stammrollen mit an Bord. Wolfgang Bahro hat eine kleinere Nebenrolle als Informant. Insgesamt finde ich diese Folge ein wenig überspielt. Insbesondere der Dialog zwischen Nolo und Ian G. ist mir zu süffig triefend vor Insider-Spielchen, Ironie und Sarkasmus. Ein bisschen weniger von allem, dann wird wieder ein Schuh draus.

Hervorragend ist der Soundtrack. Das Titelthema von Andy Matern fügt sich nahtlos in den neuen Score von Sebastian Pobot ein. Pobot orientiert sich stark an dem „alten Soundtrack“, bringt jedoch zunehmend rockige Elemente mit ein. Und das knallt richtig gut, passt wie die Faust aufs Auge. Ich liebe es, wenn das Schlagzeug einsetzt, sich die Melodie entfaltet und dem Hörer dadurch eine kleine Denkpause nach wichtigen Szenen ermöglicht. Einfach mal fallen lassen nach dem Informationsflash. Top!

Ich habe diese Folge mehrmals gehört. Bei all der oben genannten Kritik an den überzeichneten Dialogszenen und der eher unglücklichen Einbindung des Protagonisten in das Kernthema enthält diese Episode so viel Sprengstoff, dann man nicht anders kann als selbst zu recherchieren, nochmals zu hören und fassungslos den CD-Player auszuschalten. Dieses Hörspiel löst Emotionen aus.

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