Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland Hot

Nico Steckelberg   26. September 2009  
Ein König für Deutschland

Hörbuch

Autor(en) oder Hrsg.
Erscheinungsjahr
Format
CD
Anzahl Medien
6

Rückentext

Vincent Wayne Merrit ist ein Computergenie. Er entwickelt ein Programm, das Wahlcomputer manipulieren kann. Ohne dessen Wissen kommt dieses Programm bei den Präsidentschaftswahlen in den USA zum Einsatz. Sein Vater Simon König erfährt davon in Deutschland und gründet mit einigen Mitwissern eine Partei zur Wiedereinführung der Monarchie. Sie wollen die Bundestagswahl gewinnen und die Gefährlichkeit von Wahlmaschinen entlarven. Es kommt, wie es kommen muss: Simon König gewinnt haushoch und soll als König von Deutschland regieren!

Hörspiegel-Meinung

Story/Inhalt 
 
8,0
Atmosphäre 
 
8,0
Sprecher 
 
7,0
Aufmachung 
 
8,0
Gesamtwertung 
 
7,8

Andreas Eschbach ist von Haus aus Scient-Fiction-Autor, schafft es aber seit seinem Bestseller „Das Jesus-Video“ immer wieder mit tollen Alternate-Reality-Büchern seine Leser zu begeistern. Ob das der Supergau nach dem letzten Tropfen Öl ist („Ausgebrannt“), die Auswirkungen einer Billionen-Schweren Erbschaft auf die Weltpolitik („Eine Billion Dollar“) oder der potenzielle Ruhestand von geheimen gehaltenen Bio-Mechanoiden in der realen Welt („Der Letzte seiner Art“) – Eschbach setzt sich eine Was-wäre-wenn-Idee in den Kopf und beschreibt deren Auswirkungen für die reale Welt – faszinierend.

Bei seinem neuen Roman „Ein König für Deutschland“ verhält es sich ganz genauso: Was wäre wenn ... durch einen dreisten Wahlbetrug, der gar nicht so gemeint war, in Deutschland die Monarchie wieder eingeführt wird? Es beginnt mit einer CD-ROM. Der Lehrer Simon König erhält sie mit der Post aus den USA. Sein unehelicher Sohn Vincent Wayne Merrit hat sie ihm geschickt mit dem Hinweis, sie gut zu verstecken und zu verteidigen. Kurz darauf wird König die CD-ROM bei einem Raub entwendet. Eine Gruppe von LARP-Rollenspielern tritt mit König in Kontakt. Sie kennen Vincent und wissen, was auf der CD-ROM enthalten war: Ein Programm zur Manipulation von Wahlcomputern. Jemand möchte das ganz große Geschäft machen, in dem er einen unbemerkten Wahlbetrug für den Höchstbietenden begeht. Und Simon Königs Sohn Vincent wurde in die Sache hinein gezogen. Doch Vincent hat eine „Trapdoor“ in das Programm eingebaut, mit deren Hilfe der Wahlbetrugsversuch bewiesen werden kann: Eine Partei mit seinen Initialen – VWM – würde automatisch nahezu alle über einen Wahlcomputer abgegebene Stimmen erhalten und somit beweisen, dass eine Manipulation vorliegt. Kurzerhand beschließen die Rollenspieler, die VWM zu gründen, die Volksbewegung zur Wiedereinführung der Monarchie mit Simon König als Kandidat für König Simon I von Deutschland. Je schräger die Idee hinter der Partei, desto besser, weil umso deutlicher würde, dass hier getrickst wurde. Nun kommt eine Maschinerie in Gange, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Und die Grenzen zwischen Realität und dem Spiel, einen Wahlbetrug aufzudecken, verwischen. Und was kann nicht alles passieren, wenn man erst einmal die Macht geschmeckt hat, egal wie die ursprünglichen Ziele aussahen?

Andreas Eschbach nimmt sich eines heißen Themas an. Seine These: Wahlmaschinen in Wahllokalen sind Computer. Und egal wie sicher man sie erscheinen lässt – jeder Computer kann Daten manipulieren. In diesem Jahr – das geht aus Eschbachs Vorwort im Booklet hervor – hat das Bundesverfassungsgericht erstmals eine Entscheidung getroffen, dass die derzeitigen Wahlmaschinen nicht mehr genutzt werden dürfen. Deshalb wollte Eschbach den Roman bereits fallen lassen. Aber das BVG hat grundsätzlich den Einsatz von besseren Wahlcomputern erlaubt. Grund genug für Eschbach mit diesem Alternative Reality-Buch dem Hörer bewusst zu machen, wie gefährlich das sein kann.

Stellenweise sind mir die Argumentationen und Handlungen zu naiv, sind die Story und die Argumentationsketten nicht so dicht gesponnen wie es z.B. bei „1 Billion Dollar“ der Fall ist. Aber es ist sehr interessant – gerade kurz vor den Bundestagswahlen – eine so spannende und interessante Lektion in Sachen Staats- und Verfassungsrecht zu erhalten. Und das fast, ohne dass man es merkt.

Schauspieler Ulrich Noethen interpretiert Eschbachs Roman über weite Teile nüchtern und ernst, passend zum Stoff. Dann und wann flechtet er Dialekt mit ein und lockert damit die Lesung auf. Nicht gut gefallen mir die gewählten Stimmfarben der Frauen, und auch die „Computerfreaks“ klingen von Noethens Stimmausdruck her dümmlicher als sie sind. Ansonsten eine solide Lesung, bei der Noethens Seriosität besonders gut Simon Königs Charakter unterstreicht.

„Ein König für Deutschland“ ist ein interessanter Polit-Thriller gepaart mit Verschwörungstheorien und Was-wäre-wenn-Konstellationen. Passend zur Bundestagswahl und nicht nur für Skeptiker zu empfehlen, sondern gerade für diejenigen unter uns, die glauben, dass Computer der größte Segen unserer Zeit sind. Denn „Ein König für Deutschland“ belegt, dass dies immer eine Frage des Blickwinkels ist.

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